Sozio-technischer Gestaltungsansatz für die Industrie 4.0-Befähigung von Produktionssystemen

Abstract

Ein Beschluss der Europäischen Union besagt, dass ab dem Jahr 2035 keine Personenkraftwagen mit konventionelle Verbrennungsmotoren zugelassen werden dürfen. Derartige politisch induzierte Anforderungen, neue Erkenntnisse technologischer Grundlagen wie auch individuelle Kundenanforderungen stellen Industriebetriebe vor die Herausforderung eines Wandels ihres Produktportfolios. Eine erfolgreiche Umstellung auf neuartige Anforderungen setzt voraus, dass die industriellen Produktionssysteme schnell und stabil anlaufen. Gepaart mit der stetig zunehmenden Popularität der Datenanalysemethoden steigt in der Industrie der Wunsch nach einer datenbasierten Informationsbereitstellung für die Produktionsmitarbeiter. Der hohe Automatisierungsgrad der deutschen Industrie bildet hierfür theoretisch eine adäquate Basis, um diese Potentiale ausschöpfen zu können. In der Realität zeichnen sich die Produktionsanlagenparks von Industrieunternehmen durch über Jahre bestehende und heterogene Anlagentechnik aus, die den heutigen Anforderungen der Datenbereitstellung nicht gerecht werden. Vereinzelt werden in der Wissenschaft bereits Lösungsansätze für die Gewinnung der Daten aus derartigen Altanlagen unter dem Begriff des „Retrofitting“ beschrieben. Diese Lösungen wurden teilweise unter idealisierten Bedingungen umgesetzt, weshalb sie für Industriemitarbeiter kaum adaptierbar sind. Eine effiziente Lösung steht in einem starken Zusammenhang mit der vorliegenden Anlagentechnik, der Architektur der Informationstechnologie, den herrschenden Unternehmensregularien und dem angestrebten Ziel. Entwickelte Standardisierungen im Rahmen der Industrie 4.0 stellen eine weitere Herausforderung bei der Umsetzung derartiger Vorhaben aufgrund des fehlenden Gesamtzusammenhanges dar. Es stellt sich daher die Frage, ob eine generischer Handlungsleitfaden auf Basis der bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse und Standardisierungen abgeleitet werden kann, um den Industriemitarbeitern eine Hilfestellung bei Retrofittings zu bieten. Diese Dissertation setzt sich mit Produktionssystemen aus sozio-technischer Systemsicht auseinander und arbeitet den Begriff der Industrie 4.0 grundlegend auf. Das Resultat dieser Arbeit erweitert eine bestehende Referenzarchitektur um den Aspekt der Datenbereitstellung. Auf Basis dieser Referenzarchitektur wird weiterführend ein Handlungsleitfaden für die Anbindung der Anlagentechnik unter Berücksichtigung bestehender Informationstechnologie und Unternehmensregularien für die Umsetzung eines Retrofittings aufgezeigt. Eine abschließende, prototypische Anwendung verdeutlicht die methodische Anwendung.

A decision by the European Union states that no passenger cars with conventional combustion engines may be registered after 2035. Such politically induced requirements, new findings in technological fundamentals as well as individual customer requirements present industrial companies with the challenge of changing their product portfolio. Successful conversion to new requirements requires industrial production systems to start up quickly and stably. Along with the steadily increasing popularity of data analysis methods, there is a growing desire in industry for data-based information provision for production employees. The high level of automation in German industry theoretically provides an adequate basis for exploiting this potential. In reality, the production plant parks of industrial companies are characterized by heterogeneous plant technology that has existed for years and does not meet today's data provision requirements. In the scientific community, some solutions for the extraction of data from such legacy machines have already been described under the term "retrofitting". These solutions were partly implemented under idealized conditions, which is why they are hardly adaptable for industrial employees. An efficient solution is strongly related to the existing automation technology, the architecture of the information technology, the prevailing company regulations and the intended goal. Developed standardizations in the context of Industrie 4.0 represent a further challenge in the implementation of such projects due to the lack of overall coherence. The question therefore arises as to whether a generic action guideline can be derived on the basis of the scientific findings and standardizations to date in order to offer industry employees assistance with retrofitting. This dissertation deals with production systems from a socio-technical system approach and fundamentally elaborates the concept of Industrie 4.0. The result of this work extends an existing reference architecture by the aspect of data provision. On the basis of this reference architecture, a guideline for the connection of automation technology is presented, taking into account existing information technology and company regulations for the implementation of retrofitting. A final prototypical application illustrates the methodical application.